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Digitale Jugendarbeit in Corona-Zeiten
Durch den plötzlichen Lockdown im März stand auch das Team vom Jugendtreff Pfarrgasse, wie die gesamte offene Jugendarbeit, vor der großen Herausforderung, wie die Betreuung der Klient*innen über digitale Jugendarbeit gelingen soll und kann. Es war eine Zeit der raschen Umstellung, kreativen Ideen und nachgehenden Sozialarbeit, da es nicht mehr möglich war, unsere Jugendlichen einfach vor Ort zu treffen und zu betreuen. Durch die jahrelange intensive Projektarbeit, sowie unseren Instagram und Facebook Account, hatten wir den Vorteil, viele Kontakte und Nummern der Jugendlichen zu haben und so konnten wir an die 70% der uns namentlich bekannten Jugendlichen erreichen. Am Anfang war es schwierig, da sich auch noch zwei Kolleg*innen über die digitalen Medien von den Jugendlichen verabschieden mussten, weil sie den Jugendtreff Anfang April verließen. Dies war ohne direkten Klient*innen-Kontakt ein sehr schwieriger Prozess, der für die Jugendlichen wie für die Mitarbeiter*innen eine Herausforderung darstellte und mit vielen Gesprächen intensiv begleitet wurde. Nach kurzer Zeit haben die Jugendlichen unsere fixe Erreichbarkeit und unser Angebot gut angenommen, was auf unsere langjährige und gut funktionierende Beziehungsarbeit zurückzuführen ist. In der Zeit des Lockdowns gab es 526 direkte Klient*innenkontakte zu Jugendlichen (331 über Messenger/Chat und 195 Telefonate).
Bei den Telefonaten ist ein großer Zuwachs von Kontakten mit 56% aller Kontakte mit Mädchen zu verzeichnen. Es gab 169 Beratungen, sowie Lernbetreuungen und 86 unterschiedliche Jugendliche haben unser Beratungsangebot in Anspruch genommen. Die Problematiken waren mannigfaltig, von Überforderung mit dem Homeschooling, Drogenentzug, Existenzängste durch Arbeits- und Lehrstellenverlust, psychosoziale Problemlagen, Beziehungsprobleme, rechtliche Fragen zu den Strafen, Verschuldung, prekäre Aufenthaltstitel, und viele mehr. Besonders für die Mädchen war dies eine sehr anstrengende Zeit, da sie durch die soziale Kontrolle des Elternhauses keine Freiheiten mehr hatten und oft neben dem Homeschooling auch noch die Betreuung der jüngeren Geschwister und den Haushalt mit erledigen mussten. Deshalb war es hier besonders wichtig, regelmäßig Kontakt zu halten und sie durch die schwere Zeit zu begleiten. (Was sich in den Beratungszahlen niederschlägt.) Neben dem Beratungsangebot gab es viele Posts zu Infoweitergabe, Spiel- und Quizangebote, Videos zum gesunden Kochen, auch ein virtuelles Clubangebot über Houseparty wurde angeboten. Sogar zwei Projektangebote sind in der Zeit mit den Jugendlichen entstanden. Es wurde gemeinsam mit den Jugendlichen ein Post zu Ramadan gestaltet, da dies eine besonders schwierige Zeit für sie darstellte, und der Text für einen Corona-Rap wurde gemeinsam verfasst, durch den sie ihrem Frust Ausdruck verleihen konnten. Den größten Kontaktverlust müssen wir leider bei den jungen Klient*innen zwischen 10 und 14 Jahren verzeichnen. Viele davon konnten wir gar nicht erreichen, da sie kein Instagram haben und wir falsche, alte Nummern von ihnen eingespeichert hatten. D.h. der Kontakt zu den unter 15-jährigen ist uns durch den Lockdown stark verloren gegangen. Nun sind wir mit dem Beratungsangebot, dem Outreach und Kleingruppenangebot wieder vor Ort und auch wenn es hier viele Vorschriften gibt und der Alltag noch nicht wieder eingekehrt ist, tut es den Jugendlichen und uns gut, wieder im "real live" miteinander zu reden.
Die digitale Jugendarbeit stellt aber aktuell weiterhin eine wichtige Säule unserer Arbeit dar, da wir einige Jugendliche, die noch immer zu Hause sind, nur über diese erreichen und wir das neue, eingeschränkte Angebot nur über die digitalen Medien koordinieren können.